Tag 4

Am 5. November stand wieder einmal BAIN ins Haus. Ein sattes Drittel der Unterrichtszeit wurde den Gastreferaten zu ALMA gewidmet. Die Vorträge erschienen mir professionell, grundsätzlich gut verständlich und es hätte eine wunderbare Gelegenheit für die Bibliothekar:innen in dieser Klasse sein können mit Expertinnen über die Vor- & Nachteile bei der Einführung von ALMA zu diskutieren oder Funktionen darin kennenzulernen, welche ihnen noch nicht vertraut sind. Zumindest das Diskussionsangebot wurde von der Zielgruppe verhalten wahrgenommen. Was mich betrifft, ich zähle mich definitiv nicht zur Zielgruppe und als Aussenstehende waren die Referate über weite Strecken viel zu detailreich – not my cup of tea.

Einzig die strategischen Diskussionen rüttelten mich wieder wach, denn die Implementierung eines neuen Systems und die damit einhergehenden Ängste und Widerstände, sowohl auf Mitarbeiter:innen- als auch auf Managementebene, lassen sich ein Stück weit generalisieren. Ein neues System sollte mit den Mitarbeitenden und nicht gegen sie geplant werden. Angst um Arbeitsplätze, vor dem potentiellen Unvermögen mit der neuen Technik umgehen zu können oder schlicht die Urangst vor Veränderung sind bei fast allen grösseren Veränderungen naheliegend. Nicht selten wird dieser Aspekt in der Euphorie um technologische Weiterentwicklung und Effizienzsteigerung übergangen. Auch das Abwägen vom realen Effizienzgewinn und die Warnung vor vermeintlich alternativlosen Vendor Lock-Ins fand ich in den Referaten von Charlotte Frauchiger und Selina Hodel gut repräsentiert. Die Referate bildeten den Abschluss des Themas Bibliotheksinformationssysteme.

Als Auftakt für das nächste Themengebiet, Archivinformationssysteme, wurde zunächst erklärt, inwiefern sich die Anforderungen an Informationssysteme gegenüber Bibliotheken abgrenzen. Archive haben weniger Bestell- oder Ausleihvorgänge, kaum öffentlich vollzugängliche Kataloge und gehen einem anderen Kerngeschäft nach – dem Bewahren von Archivalien. Als Warm-up wiederholten wir die Eigenschaften der bekanntesten Regelwerke für Archive, ISAD(G) und ISAAR(CPF), wobei vor allem ISAD(G) mit seinem Prinzip der mehrstufigen Verzeichnung als kleinster gemeinsamer Nenner in Archiven aller Art von Bedeutung ist. RiC (Records in Context) wurde mit dem Versprechen auf später nur am Rande erwähnt. Dieser Standard befindet sich, soweit ich es verstanden habe, immer noch in Entwicklung und wurde im gesamten Verlauf des Studiums an einer sehr kurzen Leine gehalten. Ich hoffe er wird in einer späteren Lerneinheit wirklich noch einmal aufgegriffen und genauer erläutert. Mich nimmt vor allem Wunder wie realistisch die Umsetzung ist und woran es hapert.

Nach einem Exkurs zum XML-Austauschformat EAD (Encoded Archival Description) kehrten wir zurück in die Praxis. Wenn auch schon ein paar Wochen her, fiel der Wiedereinstieg in die Open Source-Software Archivesspace nicht schwer. Das Anlegen eines Repositories und das Erschliessen eines kleinen Bestandes verlief mit der Anleitung von Sebastian Meyer reibungslos. Hätte ich die Übung ohne Anleitung machen müssen, wäre ich gezwungen gewesen, schlecht gelaunt zuerst das Handbuch zu lesen, denn die Oberfläche von Archivesspace ist wenig intuitiv. Im Zusammenhang mit Archivesspace wurde auch erläutert, dass die zulässigen Metadaten in der Software auf ISAD(G), ISAAR(CPF) und DACS basieren. Von DACS (Describing Archives: A Content Standard) hatte ich noch nie gehört und wurde hellhörig. Mir war nicht bewusst, dass US-amerikanische Archive ein eigenes Regelwerk, basierend auf ISAD(G), entwickelt hatten. Wäre interessant zu erfahren, was die Motivation dafür war.